Berufsgenossenschaft vs. Unfallversicherung: Was lohnt sich für Selbstständige?
Was ist die Berufsgenossenschaft und welche Aufgaben hat sie?
➡️ Was ist eine Berufsgenossenschaft?
➡️ Aufgaben der Berufsgenossenschaft
1. Prävention
Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren (§ 14 SGB VII) Beratung und Überwachung der Unternehmen in Fragen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes Erlass und Kontrolle von Unfallverhütungsvorschriften (UVV) Schulungen für Führungskräfte, Sicherheitsbeauftragte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit
2. Leistungen im Schadensfall
Medizinische, berufliche und soziale Rehabilitation nach Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten Verletztengeld während der Arbeitsunfähigkeit Rentenleistungen bei dauerhafter Minderung der Erwerbsfähigkeit Sterbegeld und Hinterbliebenenrenten im Todesfall
3. Organisation und Verwaltung
Selbstverwaltungsstruktur mit Vertreterversammlung und Vorstand Finanzierung über Beiträge der Mitgliedsunternehmen Staatliche Aufsicht durch das Bundesamt für Soziale Sicherung und das Bundesministerium für Arbeit und Soziales
Wann müssen sich Selbstständige in einer Berufsgenossenschaft versichern?
➡️ Wann besteht eine Pflichtversicherung bei der Berufsgenossenschaft?
1. Grundsatz: Anmeldungspflicht für alle Unternehmen
2. Pflichtversicherung für bestimmte Berufsgruppen
Gesundheitswesen und Wohlfahrtspflege: Pflegekräfte Hebammen Physiotherapeut*innen Logopäd*innen Heilpraktiker*innen Betreiber*innen von Pflegediensten oder Kindertagesstätten
Friseurhandwerk und Haarbearbeitung Schädlingsbekämpfung Kindertagespflegepersonen Dozent*innen im Gesundheitswesen
➡️ Wann besteht keine Pflichtversicherung?
Tätigkeit | Pflichtversicherung? | BG-Zuständigkeit |
|---|---|---|
Friseur*in | Ja | BGW |
Physiotherapeut*in | Ja | BGW |
IT-Berater*in | Nein | VBG (Anmeldung trotzdem nötig) |
Grafikdesigner*in | Nein | VBG |
Hebamme | Ja | BGW |
Architekt*in | Nein (aber Berufshaftpflichtvers. ist Pflicht) | ggf. VBG |
Kindertagespflege | Ja | BGW |
Lohnt sich die freiwillige Versicherung bei der Berufsgenossenschaft für Selbstständige?
➡️ Was bietet die freiwillige Versicherung?
Heilbehandlung und medizinische Rehabilitation: Sie bekommen Zugang zu spezialisierten Reha-Einrichtungen und Therapien, die auf berufsbedingte Verletzungen und Erkrankungen ausgerichtet sind. Berufliche Wiedereingliederung: Die BG unterstützt Sie aktiv dabei, wieder in den Beruf zurückzukehren – z. B. durch Umschulungen oder technische Hilfsmittel. Verletztengeld: Während der Arbeitsunfähigkeit erhalten Sie eine finanzielle Leistung, die Ihr Einkommen teilweise ersetzt. Rente bei Erwerbsminderung: Wenn Sie dauerhaft nicht mehr oder nur eingeschränkt arbeiten können, zahlt die BG eine Rente. Hinterbliebenenversorgung: Im Todesfall sind Ihre Angehörigen abgesichert – z. B. durch Witwen- oder Waisenrenten.
➡️ Wann lohnt sich die freiwillige Versicherung?
Ihre Tätigkeit mit körperlichen Risiken verbunden ist: Wenn Sie z. B. als Handwerker*in, Künstler*in, Therapeut*in oder in einem anderen Beruf arbeiten, bei dem Sie sich verletzen könnten, ist die Absicherung durch die BG sehr sinnvoll. Ein Sturz, eine Schnittverletzung oder eine berufsbedingte Erkrankung kann schnell existenzbedrohend werden. Sie keine oder nur geringe Rücklagen haben: Gerade in der Anfangsphase der Selbstständigkeit fehlt oft die finanzielle Sicherheit, um längere Ausfallzeiten zu überbrücken. Die BG bietet hier eine verlässliche Absicherung. Sie keine private Unfallversicherung abgeschlossen haben: Die Leistungen der BG sind oft umfangreicher und besser auf berufliche Risiken zugeschnitten als die einer privaten Unfallversicherung. Zudem sind die Beiträge meist günstiger. Sie Ihre Familie absichern möchten: Die Hinterbliebenenversorgung der BG kann ein wichtiger Baustein Ihrer Vorsorge sein – besonders wenn Sie Alleinverdiener*in sind.
➡️ Wann lohnt sie sich eher nicht?
Wenn Ihre Tätigkeit ausschließlich am Schreibtisch stattfindet und kaum Risiken birgt (z. B. als Texter*in, Programmierer*in oder Berater*in). Wenn Sie bereits eine umfangreiche private Unfallversicherung abgeschlossen haben, die ähnliche Leistungen bietet. Wenn Sie über ausreichende finanzielle Rücklagen verfügen, um längere Ausfallzeiten selbst zu überbrücken.
Was ist eine Unfallversicherung für Selbstständige?
➡️ Was leistet eine Unfallversicherung?
Invaliditätsleistung: Eine einmalige Kapitalzahlung, abhängig vom Grad der dauerhaften Beeinträchtigung. Unfallrente: Monatliche Zahlungen bei schwerer Invalidität (meist ab 50 %). Todesfallleistung: Auszahlung an Hinterbliebene im Todesfall durch Unfall. Krankenhaustagegeld und Genesungsgeld: Unterstützung bei längerer stationärer Behandlung. Kosmetische Operationen und Bergungskosten: Übernahme spezieller Kosten nach schweren Unfällen. Reha- und Assistance-Leistungen: Hilfe bei der Rückkehr in den Alltag oder Beruf.
➡️ Warum ist sie für Selbstständige besonders wichtig?
Schutz rund um die Uhr, auch in der Freizeit und im Ausland Flexibel wählbare Versicherungssummen Individuell anpassbare Leistungen, je nach Bedarf und Budget
➡️ Was sollten Sie bei der Auswahl beachten?
Versicherungssumme: Sie sollte so gewählt sein, dass Sie im Ernstfall Ihre laufenden Kosten decken können. Progression: Eine höhere Progression (z. B. 500 %) bedeutet, dass Sie bei schweren Invaliditäten deutlich mehr Geld erhalten. Unfallrente: Sinnvoll bei langfristiger Arbeitsunfähigkeit. Berufliche Risiken: Manche Berufe gelten als risikoreicher und führen zu höheren Beiträgen. Leistung bei bestimmten Unfallarten: Prüfen Sie, ob z. B. Unfälle durch Herzinfarkt oder Schlaganfall mitversichert sind.
➡️ Was ist der Unterschied zu einer Berufsunfähigkeitsversicherung?
Unfallversicherung: Deckt Kosten, die durch Unfälle entstehen. Berufsunfähigkeitsversicherung: Zahlt eine monatliche Rente bei dauerhafter Arbeitsunfähigkeit durch Krankheit oder Unfall.
Was passiert, wenn Selbstständige einen Arbeitsunfall haben, ohne versichert zu sein?
1️⃣ Keine Versicherungsleistungen
Verletztengeld Rehabilitationsmaßnahmen Rentenzahlungen bei Erwerbsminderung Hinterbliebenenrente im Todesfall
2️⃣ Volles finanzielles Risiko
Verdienstausfall: Sie verdienen kein Geld, können laufende Kosten nicht decken und verlieren möglicherweise Kund*innen. Medizinische Kosten: Behandlungen, Reha oder Hilfsmittel müssen Sie selbst zahlen – sofern nicht durch Ihre Krankenversicherung abgedeckt. Betriebsrisiken: Wenn Sie ausfallen, kann Ihr Unternehmen ins Straucheln geraten. Besonders gefährlich ist das für Einzelunternehmer*innen ohne Vertretung.
Berufsgenossenschaft vs. Unfallversicherung: Was eignet sich besser für Selbstständige?
Kriterium | Berufsgenossenschaft | Unfallversicherung |
|---|---|---|
Leistungen | Die gesetzliche Unfallversicherung deckt: Arbeitsunfälle Wegeunfälle (z. B. auf dem Weg zur Arbeit) Berufskrankheiten Im Schadensfall erhalten Sie: medizinische Versorgung und Rehabilitation Verletztengeld ab dem ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit Rente bei Erwerbsminderung (ab 20 %) Leistungen für Hinterbliebene (z. B. Sterbegeld, Witwen-/Waisenrente) Darüber hinaus engagieren sich Berufsgenossenschaften stark in der Prävention, etwa durch Schulungen, Sicherheitsprüfungen und Beratung zur Unfallvermeidung. | Invaliditätsleistung bereits ab 1 % Invaliditätsgrad Unfallrente ab 50 % Invalidität Todesfallleistung Krankenhaustagegeld, Genesungsgeld Bergungskosten, kosmetische Operationen Reha-Management und Assistance-Leistungen Diese Leistungen sind individuell wählbar und können je nach Anbieter und Tarif stark variieren. |
Kosten / Beiträge | Die Beiträge richten sich nach: der Gefahrenklasse Ihrer Tätigkeit der gewählten Versicherungssumme dem Beitragsfuß der jeweiligen Berufsgenossenschaft Sie können die Versicherungssumme selbst festlegen – sie sollte sich realistisch an Ihrem Einkommen orientieren. Die Beiträge sind oft moderat und steuerlich als Betriebsausgaben absetzbar. | Die Beiträge hängen ab von: der gewählten Versicherungssumme dem Beruf und Risikoprofil den gewählten Zusatzleistungen Private Versicherungen arbeiten gewinnorientiert, was bedeutet, dass die Beiträge auch wirtschaftlich kalkuliert werden. Dafür erhalten Sie aber oft eine sehr flexible und umfassende Absicherung. |
Vorteile | Gesetzlich geregelte Leistungen Starke Absicherung bei Berufskrankheiten und Arbeitsunfällen Präventionsangebote und Reha-Leistungen Steuerlich absetzbar Besonders sinnvoll bei beruflichem Risiko (z. B. Handwerk, Pflege, Bau) | Schutz auch in der Freizeit und weltweit Flexible Gestaltung der Leistungen Geringere Einstiegshürden Sinnvoll bei aktiver Freizeitgestaltung oder geringem beruflichem Risiko |